-- Leo's gemini proxy

-- Connecting to taz.de:1965...

-- Connected

-- Sending request

-- Meta line: 20 text/gemini;lang=de

taz.de -- Weltkriegsgedenken in der Ukraine: Stilles Erinnern an die Toten


> Zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai trauern die Ukrainer*innen vor allem um die Opfer von Russlands Angriffskrieg.


Bild: Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai in Tscherkassy


ODESSA/LWIW taz | Russlands Angriffskrieg überschattet in der Ukraine auch das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs. In den Nächten zum 8. und 9. Mai überzog Russland das Nachbarland mit einer Serie von Raketen- und Drohnenangriffen.


Eine solche Gegenwart beeinflusst auch den Blick auf die Vergangenheit. In Odessa erinnert sich der 1990 geborene Oleksandr an seine Kindheit. „Wir haben im Chor vor den Veteranen gesungen. Die alten Männer hatten Tränen in den Augen.“


Später hätten seine Großeltern auch von anderen Teilen der Geschichte berichtet – den stalinistischen Repressionen und [1][dem Holodomor, der menschengemachten Hungersnot in der Ukraine]. „Wir erinnern uns heute mehr an die Opfer, statt einen Sieg zu feiern.“ Paraden wie in Moskau gab es in der Ukraine auch in Friedenszeiten nicht. „Eine Nation, die nur stolz auf die Vergangenheit ist, hat keine Zukunft“, meint er.


Anders als Russland gedenkt die Ukraine dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai. Am Morgen legen in Odessa Vertreter von Rathaus, Kirchen und Militär Kränze am Denkmal des unbekannten Matrosen nieder. Dort brennt am Fuße eines Obelisken am Hang über der Bucht eine ewige Flamme.


Eine Handvoll Menschen


Am frühen Nachmittag sind kaum Blumen dazugekommen. An dem Gedenkort im Schewtschenko-Park sind nur eine Handvoll Menschen unterwegs – allerdings ist auch gerade Luftalarm. Eine Lautsprecherdurchsage weist den Weg zum nächsten Schutzraum.


Größere Veranstaltungen finden nicht statt. Und arbeitsfreie Feiertage gibt es unter Kriegsrecht nicht. Die Menschen gehen arbeiten, einkaufen, einige sitzen am späteren Nachmittag vor einem Café in der Innenstadt. Auf den Fernsehbildschirmen läuft die Wiederholung des Champions League Spiels vom Vorabend. In der oberen rechten Bildecke sind eine Kerze und eine Kornblume als Symbole des Gedenkens eingeblendet.


Unruhig wird es nur, als ein Kampfjet geräuschvoll über die Stadt fliegt. Ein Gast eilt ins Innere des Gebäudes, ein anderer rennt auf die Straße und blickt dem Flugzeug nach: „Unserer!“, er schaut erleichtert.


Katja muss erst nachdenken, bevor sie antwortet. Die Nacht war kurz. Es gab mehrmals Alarm. Der Tag stimme sie traurig. „Ich habe den Eindruck, dass die Menschheit aus all den Gräueltaten vor 80 Jahren keine Lehren gezogen hat“, sagt sie. „Wenn ich dieses ‚Nie wieder‘ höre, kommt es mir vor wie eine Verspottung der Menschen, die damals gestorben sind und die heute sterben.“


Brote für zwölf Stunden Fahrt


Im Zug aus Odessa nach Lwiw macht es sich Andrii gemütlich. Er hat Brote mitgebracht für die zwölfstündige Reise durch die Nacht. Der Schaffner bringt schwarzen Tee. Der Tag sei ein wichtiges historisches Datum, sagt er. Aber persönlich habe er wenig Bezug dazu. Sein Großvater habe im Zweiten Weltkrieg gekämpft, aber den habe er nie kennengelernt. „Wir trauern jeden Tag. Um ehrlich zu sein, das beschäftigt mich im Moment viel mehr.“


Ganz ohne offizielle Bedeutung ist der 9. Mai in der Ukraine jedoch auch nicht. Nun heißt er Europatag. Vor dem Rathaus von Lwiw weht außer der ukrainischen auch die EU-Fahne. Neben dem Eingang steht eine Infotafel, die über den jüngsten Gefallenen aus der Stadt berichtet. „Er starb am 1. Mai.“ Unter der Tafel brennt ein Grablicht.


In seiner abendlichen Videoansprache zieht Präsident Wolodymyr Selenskyj historische Parallelen. Er fordert eine Anti-Putin-Koalition. „Die ganze Welt muss klar verstehen, wer wer ist. Die ganze Welt hat kein Recht, dem Nazismus eine weitere Chance zu geben.“ Gemeinsam müsse man die neuen Nazis aus Moskau aufhalten. „Nicht mit Worten, sondern mit Taten.“


In der Nacht zum 8. Mai hatte Russland erneut die Energieinfrastruktur in mehreren ukrainischen Regionen attackiert. Wie Luftwaffenchef Mikola Oleschtschuk auf Telegram mitteilte, seien 55 Raketen sowie 21 Drohnen eingesetzt worden. Davon konnten 39 Raketen und 20 Drohnen abgefangen werden. Es wurden Einschränkungen bei der Stromversorgung angekündigt. In der folgenden Nacht [2][war die Region Odessa das Ziel eines Drohnenangriffs]. 17 von 20 seien zerstört worden.


9 May 2024


LINKS


[1] /Voelkermord-Gedenken-in-Holodomor-Museum/!5972511

[2] /Krieg-gegen-die-Ukraine/!6005094


AUTOREN


Marco Zschieck


TAGS


Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg

Schwerpunkt Zwei Jahre Krieg in der Ukraine

Wolodymyr Selenskij

GNS

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

Ukraine


ARTIKEL ZUM THEMA


+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russischer Angriff im Gebiet Charkiw


Die russische Armee hat laut Kyjiw eine Bodenoffensive in der ostukrainischen Region Charkiw gestartet. Präsident Selenskyj: „Heftiger Kampf“.


Orthodoxe Ostern in der Ukraine: Luftangriffe und Online-Gottesdienste


Zu den Osterfeiertagen rechnet die Ukraine mit verstärkten Angriffen. Viele Familien sind kriegsbedingt getrennt und nicht in Feierstimmung.


Weibliche Arbeitswelt in der Ukraine: Frauen auf den Traktor


Tausende Ukrainer sind an der Front und fehlen im zivilen Leben. Darum arbeiten jetzt verstärkt Frauen in einstigen „Männerberufen“.


Völkermord-Gedenken in Holodomor-Museum: Als Stalin die Ukraine aushungerte


Am Samstag gedenken die Ukrainer:innen der Millionen Opfer der sowjetischen „Tötung durch Hunger“. Ein Besuch im Holodomor-Museum.

-- Response ended

-- Page fetched on Sat Jun 1 22:58:30 2024